Vom 11. bis 14. April 2024 erinnerte die Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück, gemeinsam mit dem Internationalen Ravensbrück Komitee (IRK) mit einer Reihe von Veranstaltungen an den 79. Jahrestag der Befreiung des Frauen-Konzentrationslagers Ravensbrück. Insgesamt nahmen mehr als 500 Gäste aus dem In- und Ausland an den Feierlichkeiten teil, darunter acht Überlebende aus Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Israel und Polen.
Gedenkveranstaltung am 14. April 2024
Die zentrale Gedenkveranstaltung fand am Sonntag, den 14. April 2024, um 10 Uhr statt. Ministerpräsident Dietmar Woidke würdigte in seinem Grußwort die Opfer und rief zu Toleranz, Mitmenschlichkeit und einem entschiedenen Einsatz gegen Hass, Rassismus und Antisemitismus auf. Gedenkstättenleiterin Andrea Genest und Ambra Laurenzi, Präsidentin des IRK, eröffneten die Veranstaltung.
Barbara Piotrowska, die nach dem Warschauer Aufstand im Oktober 1944 mit ihrer Mutter nach Ravensbrück verschleppt wurde und Richard Fagot, der als Neunjähriger im November 1944 mit seiner Mutter in das KZ Ravensbrück gelangte und im April 1945 im KZ Sachsenhausen befreit wurde berichteten über ihre Erfahrungen in Ravensbrück und zogen in ihren Ansprachen direkte Verbindungen zu aktuellen Konflikten. Barbara Piotrowska drückte ihre Solidarität mit der vom den Opfern des russischen Angriffskrieges in der Ukraine aus.
Richard Fagot betonte in seiner Rede, dass das Überleben seiner Familie ein außergewöhnliches Glück war und er sich gemeinsam mit ihr geschworen habe: „Nie wieder!“ Dieses Gelübde, so erklärte er, sei nicht nur persönlich, sondern ein kollektives Versprechen. Er zog Parallelen zur Gegenwart und schilderte die jüngsten Angriffe der Hamas auf Israel sowie die weltweiten Reaktionen darauf. Er kritisierte die Verbreitung von Falschinformationen in sozialen Medien, die Opfer zu Tätern machen, und warnte vor den daraus entstehenden Gefahren für die Zukunft. Abschließend appellierte er an die Anwesenden, wachsam, kritisch und ehrlich zu bleiben, um Wiederholungen der Verbrechen von vor 80 Jahren zu verhindern.
Die Autorin und Journalistin Lena Gorelik sagte mit Blick auf alle Menschen, die heute „von Rassismus betroffen sind, von Muslimfeindlichkeit, die anders aussehen, anders glauben, anders lieben, deren Körper anders sind“: „Ich stehe 2024 hier, und ich weiß, dass die Ängste, die diese Menschen haben, nicht neu sind. Es sind dieselben Ängste, von denen die Frauen von Ravensbrück erzählen könnten. Die Ängste sind nicht neu, und dass sie nicht neu sind, macht sie noch größer. Es macht sie realer, weil wir uns erinnern können, wir hatten nicht die Möglichkeit zu vergessen, abzulegen, mit der Vergangenheit abgeschlossen zu haben.“
Die Veranstaltung endete mit Kranzniederlegungen am Denkmal „Die Tragende“ sowie dem symbolischen Ablegen von Rosen im Schwedtsee, um der vielen Opfer zu gedenken, die an diesem Ort ermordet wurden.
Weitere Höhepunkte des Gedenkwochenendes
Am Samstag, den 13. April 2024, wurde die Ausstellung„Aber ich lebe. Den Holocaust erinnern“ feierlich eröffnet. Die Ausstellung stellt die Lebensgeschichten von vier Holocaust-Überlebenden dar, die als Kinder die Schrecken der Konzentrationslager durchlitten. Die Graphic Novel von Barbara Yelin über Emmie Arbel, die das KZ Ravensbrück überlebte, stand im Mittelpunkt der Adaption der Ausstellung. Emmie Arbel selbst reiste aus Israel an, um an der Eröffnung teilzunehmen.
Bereits am Donnerstag, den 11. April 2024, fand in der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin eine Buchvorstellung mit Barbara Yelin und Emmie Arbel statt, die einen bewegenden Auftakt für das Gedenkprogramm bildete.
Ein weiteres zentrales Ereignis war das „Internationale Forum der 2. und 3. Generation“, das am Samstag, den 13. April 2024, erstmals seit 2019 wieder vor Ort stattfand. Mehr als 50 Kinder, Enkel und Urenkel ehemaliger Häftlinge nutzten die Gelegenheit zum Austausch und zur Vernetzung. Das Forum endete mit einer öffentlichen Podiumsdiskussion, die Fragen der Erinnerungskultur und der intergenerationellen Verantwortung thematisierte.
Hintergrund
Zwischen 1939 und 1945 wurden im KZ Ravensbrück über 120.000 Frauen, 20.000 Männer und etwa 1.000 Jugendliche des „Jugendschutzlagers Uckermark“ inhaftiert. Zehntausende starben durch Hunger, Krankheit, Gewalt oder wurden ermordet. Anfang 1945 wurden etwa 6.000 Häftlinge in der neu errichteten Gaskammer ermordet. Ende April 1945 trieb die SS zehntausende Häftlinge auf Todesmärsche, während 3.000 Kranke im Hauptlager von der Roten Armee befreit wurden.