Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten Mahn‑ und Gedenkstätte Ravensbrück

Die Zeichnung als (Beweis)Dokument. Wie Häftlinge Szenen der Gewalt festhielten

Der Blick der ehemaligen Häftlinge des Konzentrationslagers Ravensbrück auf die Aufseherinnen ist wichtiger Teil der Ausstellung. Das angefügte Beispiel zeigt eine Arbeit der Französin Simone Auburtin (1910-1958), die verschiedene Gewaltsituationen auf der Lagerstraße bzw. dem Appellplatz skizzierte: Im Vordergrund schaut eine Aufseherin Häftlingen nach, die mit geschulterten Spaten zur Arbeit ausrücken. Weiter oben schlagen zwei Aufseherinnen mit Riemen bzw. Peitschen auf eine Person ein, die bereits am Boden liegt.

Die Ausstellung zeigt Skizzen, die noch im Lager entstanden sind, wie auch Arbeiten, die aus der Erinnerung der Häftlinge heraus angefertigt wurden. Sie liefern Material zu nie dokumentierten Szenen der Gewalt, und geben gleichsam Auskunft über die Bedingungen ihrer Ausführung. So erinnert eine schnelle Strichführung oder der Hang zum Fragmentarischen an die Eile dieses verbotenen und gefährlichen Unterfangens. Aber auch die retrospektiv gefertigten Arbeiten lassen fragen, wie lange sich die Künstlerin in der erinnerten Gewaltsituation ein weiteres Mal aufhalten wollte oder konnte.

Es ist bekannt, wie Strafprozesse immer wieder an der Beweislage scheitern. Häftlingen wurde von Seiten des NS-Personals immer wieder die Unwahrheit vorgeworfen, Zeugenaussagen wurden teilweise mit höhnischem Lachen beantwortet. Eine Gegenaussage konnte bereits zur Straffreiheit verhelfen. So lassen sich die Zeichnung zur Zeit ihrer Entstehung auch als ein Versuch der Selbstvergewisserung verstehen, als Strategie des psychischen Überlebens angesichts des vermeintlich 'ungesehenen' Erlebten.

Eine Besonderheit fällt hier den Zeichnungen von Violette Lecoq zu, die ebenfalls in der Ausstellung gezeigt werden. Während der Hamburger Prozesse wurden diese tatsächlich als Beweismaterial hinzugezogen.