Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten Mahn‑ und Gedenkstätte Ravensbrück

Obelisk zur Ehren der Opfer des Pawiak-Gefängnisses

Obelisk zu Ehren der Opfer des Pawiak-Gefängnisses, 1963
Foto: Sabine Arend, 2015

Vor ihrer Deportation in das KZ Ravensbrück war Zofia Pociłowska für einige Tage im Warschauer Pawiak-Gefängnis inhaftiert. Gelegen im damaligen Warschauer Ghetto, wurden von der Gestapo dort politische und jüdische Gefangene inhaftiert. Im Zuge des Warschauer Aufstands im August 1944 sprengte die Gestapo das Gebäude und ermordete die dort verbliebenen Gefangenen. Auf Initiative ehemaliger Häftlinge wurde an diesem Ort 1965 das Muzeum Więzienia Pawiak (dt. Museum des Pawiak Gefängnisses) eröffnet. Bereits 1963 wurde ein entsprechendes Denkmal auf dem wieder hergestellten Gefängnishof eingeweiht, für dessen Errichtung zuvor ein Wettbewerb ausgerufen geworden war. Zofia Pociłowska gewann diesen und bekam damit einen ihrer ersten offiziellen Aufträge für ein Denkmal.
Das im ummauerten Innenhof des Museums positionierte Denkmal ist in der Grundform ein aus Granit gehauener dreiseitiger Obelisk, welcher sich nach unten hin verjüngt. Durch die Höhe von etwa sieben Metern ist er auch von den beiden anliegenden Straßen aus sichtbar. Er steht in der Mitte eines rötlich eingefärbten Dreiecks – das von den Nationalsozialisten in den Konzentrationslagern verwendete Kennzeichen für politische Gefangene. Aus Elementen verschiedener Größen zusammengesetzt, ist der Obelisk in drei aufeinanderliegende Blöcke gegliedert, auf deren Seiten grob gehauene Flachreliefs eingearbeitet sind. Diese zeigen auf einer Seite gekreuzte Gitterstäbe, hinter denen stilisierte Gesichter erkennbar sind. Ein anderes Relief zeigt einen aufgerichteten Körper mit erhobenem Arm, darunter verdeckt eine Person ihr Gesicht mit den Händen. Auch eine Erschießungsszene ist dargestellt. Allgemein scheinen die Reliefs skizzenhaft oder als wären sie nur zu einem gewissen Teil freigelegt worden. Die Gesichter wirken teils stumm und anonym, teils durch einen wie im Schrei geöffneten Mund verzerrt, dann wieder determiniert und ungebrochen. Es entsteht der Eindruck der Gefangenschaft und der Verzweiflung, aber auch des Dagegenhaltens und der Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Eine Gesichterreihe soll laut Pociłowska Überlebende des Pawiak Gefängnisses repräsentieren, die das neue Polen aufbauen. So ist wohl auch der Verzicht auf christliche Motive, die sich ansonsten auch in den Denkmalprojekten der Künstlerin wiederfinden – bspw. in der Pietà oder der Denkmalstele in Magdalenka nahe Warschau, zu erklären. Hier scheint ein stärker nüchterner, historischer Charakter mit klarer Zukunftsperspektive in den Blick zu rücken.
Damit fügt sich das Denkmal in den polnischen Denkmaldiskurs der 1950er Jahre. Auch die Materialwahl ist typisch für diese Zeit. Ihr Konzept konnte Pociłowska gegen Kritiken aus der Akademie der Bildenden Künste und der Gestaltungskommission des Museums verteidigen. Sie setzte durch, dass das Denkmal an einem zentralen Ort des Museums aufgestellt wurde. Weiterhin lehnte sie es ab, sich die Ausführung mit einem Kollegen zu teilen.

Dennoch musste sie akzeptieren, dass Tadeusz Łodziana und Stanisław Slonina die Gestaltung die Mauer des Innenhofs mit metallenen Plastiken vornahmen und damit das  Denkmal unmittelbar einfangen. Die Stele von Pociłowska als Gedenkort ist heute in den Hintergrund getreten. Stattdessen wird nun an der bronzenen Ulme neben dem Eingang in das Museumsarreal, an der Angehörige Gedenkplaketten anbrachten, der Opfer gedacht.
In den Räumen der Dauerausstellung des Pawiak-Museums werden sechs Skulpturenkleineren Formats gezeigt, die in den 1990er Jahren von Pociłowska in der für sie typischen Technik der glasierten Keramik gestaltet wurden.

Miguel de Andrade, Student der Kunstgeschichte und Genderstudies

 

Denkmalgestaltungen

1963    Obelisk zu Ehren der Opfer des Pawiak (Gefängnismuseum Pawiak, Warschau / Muzeum Więzienia Pawiak)

1964    Denkmal Zum Gedenken an die 1942 hingerichteten Pawiak- und Ravensbrück-Häftlinge (Magdalenka nahe Warschau)

1968    Denkmal für die Großpolnischen Aufstände (Inowrocław)

1970    Denkmal für die Helden des 2. Weltkrieges (Włodawa)

 

Einzelausstellungen (Auswahl)

2014    Sztuka Znakiem Czasu /Die Kunst als ein Zeichen der Zeit, Instytut Pamięci Narodowe, Warschau

2013    Zofia Pociłowska / KreisMuseum Wewelsburg

2005    Czas przemijalny / Die unbeständige Zeit, Muzeum Lubuskie Zamek, Lublin

1996    Ślad istnienia / Die Spur des Daseins, Galeria Domu Artysty Plastyka, Warschau

1993    Pamięci Żydów Polskich Czasu Zagłady / Erinnerungen an polnische Juden aus der Zeit des Holocausts, Muzeum Więzienia Pawiak, Warschau

 

Gruppenausstellungen (Auswahl)

2009    Między światem a cieniem / Zwischen Licht und Schatten, Dom Artysty Plastyka, Warschau

1969    25 lat Rzeźby Warszawskiej / 25 Jahre Warschauer Bildhauerkunst, CBWA Zachęta, Warschau

1966    Salon Européen, Nancy

1966    Rzeźba dla twojego mieszkania / Skulptur für deine Wohnung, Galeria Rzeźby, Warschau

1960    Rzeźba Polska 1945-1960 / Polnische Bildhauerkunst 1945-1960, CBWA Zachęta, Warschau

1955    Ogólnopolska Wystawa Młodej Plastyki – Przeciw Wojny. Przeciw faszyzmowi / Allpolnische Ausstellung Junger Kunst – Gegen den Krieg. Gegen den Faschismus, Arsenał, Warschau