Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten Mahn‑ und Gedenkstätte Ravensbrück

Die Künstlerin Zofia Pociłowska

Bei der Beschäftigung mit der Person und dem Werk von Zofia Pociłowska wird schnell deutlich, dass es keinesfalls genügt, sich auf nur einen Aspekt ihres Lebens zu beschränken. Da ist die Künstlerin Pociłowska, die KZ-Überlebende, die Widerstandskämpferin, die Mutter von vier Töchtern – keiner dieser Aspekte kann bei der Betrachtung ihres umfangreichen Werks außen vorbleiben, schaffte es Zofia Pociłowska doch auf außergewöhnliche Art und Weise, sie alle in ihrer Arbeit zu vereinen. Auch die Ausstellung versucht, dieser Vielschichtigkeit gerecht zu werden. Thematisiert sind Werke aus verschiedenen Schaffensphasen, angefangen bei den in Ravensbrück entstandenen Miniaturen über ihre skulpturalen Auseinandersetzungen mit dem Krieg bis hin zu Plastiken aus den 1970er und 1980er Jahren. Auch einige Gedichte aus der Feder Zofia Pociłowskas schließt die Ausstellung mit ein. (Fotografien der Miniaturen und die Gedichte finden Sie ab August 2021 im Ausstellungsteil in der ehemaligen Textilfabrik.)

Geboren 1920 in Charków, in der heutigen Ukraine, wuchs Zofia Pociłowska in Warschau auf, wo sie nach ihrem Abitur an einem Mädchengymnasium 1938 ein Studium der Polonistik begann. Dieses unterbrach sie bei Kriegsausbruch 1939 und schloss sich einer Widerstandsgruppe an, für die sie Kurierdienste übernahm. Ihre Tätigkeit für den Verband für den bewaffneten Kampf (Związek Walki Zbrojnej) führte 1941 zu ihrer Verhaftung durch die Gestapo. Zunächst im Pawiak-Gefängnis (Warschau) und dem Gefängnis Pod Zegarem (Lublin) festgehalten, wurde sie mit einem Todesurteil in das Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück deportiert. Dort blieb sie bis zu dessen Befreiung 1945 inhaftiert. Nach ihrer Rückkehr nach Warschau, begann Zofia Pociłowska ein Studium der Bildhauerei an der Hochschule der Schönen Künste und überführte damit ihr in Ravensbrück begonnenes künstlerisches Schaffen in eine künstlerische Berufstätigkeit. Sie selbst formulierte die Relevanz dieses künstlerischen Schaffens – auch für ihr späteres Werk – einmal so: „Im Lager Ravensbrück, einem Ort, in dem Schmerz und Leid alles Menschliche töten konnten, wurde meine Leidenschaft zur Kunst geboren – die Suche nach dem Sinn und Wert des Lebens in der Bildhauerei.“ Diese Suche, diese Auseinandersetzung mit den Erfahrungen im Lager einerseits und mit den Alltagsschwierigkeiten, mit denen sie sich als freischaffende Künstlerin und Mutter in Polen konfrontiert sah andererseits, prägen ihr Werk und ihre Ausdrucksformen. Genau diese Ambivalenz macht Zofia Pociłowskas Arbeiten in all ihrer Vielfalt zu außergewöhnlichen Zeugnissen eines bewegten Lebens. Die Künstlerin verstarb im Frühsommer 2019.

Teresa Mack, Studentin der Kunstgeschichte und Genderstudies