Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten Mahn‑ und Gedenkstätte Ravensbrück

Objekt im Fokus

Zum 70. Todestag von Esther Sephiha, geb. Eskenazi

Esther Eskenazi wurde 1892 in eine sephardische Familie in Istanbul im damaligen Osmanischen Reich geboren. 1910 zog die Familie nach Belgien. Nach ihrer Heirat mit David Nissim 1914 zogen beide nach Brüssel und eröffneten einige Jahre später ihre eigene Teppichreparaturwerkstatt.

Familie Sephiha waren praktizierende Juden. Als türkische Staatsangehörige waren sie nach der deutschen Besatzung Belgiens zunächst noch von den Deportationen ausgenommen. Im Oktober 1943, nachdem die Türkei auch das mehrfach verlängerte deutsche Ultimatum zur Repatriierung ihrer jüdischen Staatsangehörigen hatte verstreichen lassen, verhafteten SS und Gestapo in Belgien etwa 60 türkische Juden. Zu den in Belgien verhafteten gehörten David Nissim und Esther Sephiha sowie drei ihrer sechs Kinder sowie weitere Tanten und Verwandte. Am 13. Dezember 1943 wurden die Frauen und Kinder in das KZ Ravensbrück deportiert, wo die meisten in Block 11 untergebracht wurden und in der Schneiderei arbeiten mussten.

Mehr als 14 Monate waren die Frauen dem Terror und der mörderischen Willkür der SS ausgesetzt. Sieben der Frauen kamen in Ravensbrück zu Tode. Esther Sephiha und ihre Töchter Germaine und Adele überlebten, weil sie am 28. Februar im Rahmen eines deutsch-türkischen Zivilgefangenenaustausches nach Istanbul gebracht wurden. Erst Ende 1945 konnten Esther Sephiha und ihre Tochter nach Brüssel zurückkehren. Sie starb am 22. Juli 1950.

 

Zeichnung von Krystyna Zaorska

Diese Zeichnung wurde vermutlich im KZ Ravensbrück von Krystyna Zaorska gefertigt. Sie zeigt weibliche Gefangene mit Schaufeln bei der Zwangsarbeit. Im Hintergrund ist eine Aufseherin zu erkennen.

Krystyna Zaorska wurde als 14-Jährige gemeinsam mit ihrer Mutter Henryka im Zuge der Razzien nach dem Warschauer Aufstand 1944 verhaftet. Sie kam im Oktober 1944 mit einem Sondertransport aus Warschau in das KZ Ravensbrück. Mutter und Tochter wurden dabei getrennt; die Mutter wurde in das Außenlager Königsberg/Neumark überstellt. Krystyna Zaorska erhielt im KZ Ravensbrück die Häftlingsnummer 76.933. Sie erkrankte schwer und wurde von polnischen Häftlingen gepflegt. Untergebracht war sie im Block 20 zusammen mit anderen Jugendlichen, die nicht arbeiten mussten. Dort zeichnete sie sowohl Szenen aus dem Lagerleben als auch Vorkriegsmotive sowie Märchenfiguren.

Im Februar 1945 wurde auch ihre Mutter in das KZ Ravensbrück transportiert. Gemeinsam wurden sie von dort nach Vennebeck/Porta Westfalica überstellt. Ihre Mutter starb dort an den Haftfolgen. Krystyna Zaorska blieb nach ihrer Befreiung durch die US-Armee in der Fallschirmsiedlung in Emmerich. Erst 1946 kehrte sie nach Gdynia zurück. Später studierte sie an der Hochschule für Künste in Gdańsk und spezialisierte sich auf Skulptur und Keramik. Sie heiratete 1955 den Musiker Tytus Burczyk. Gemeinsam haben sie drei Kinder und fünf Enkelkinder. Bis heute spricht sie als Zeitzeugin zur jüngeren Generation. Zahlreiche Zeichnungen von ihr sind in der Dauerausstellung der Gedenkstätte Ravensbrück „Das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück. Geschichte und Erinnerung“ zu sehen.

Fotografie des Männerlagers des KZ Ravensbrück

Auf dieser Fotografie ist das Männerlager des KZ Ravensbrück zu sehen, das aus fünf Wohnbaracken und einer Wirtschaftsbaracke bestand. Im Hintergrund befindet sich das Frauenlager mit dem Industriehof. Im Männerlager, welches durch einen Zaun vom Frauenlager getrennt war, wurden zwischen 1941 und 1945 insgesamt mehr als 20.000 Häftlinge festgehalten. Die meisten von ihnen kamen aus Polen, der Sowjetunion, Deutschland und Österreich. Sie wurden häufig aus anderen Konzentrationslagern in das KZ Ravensbrück gebracht.

Das Männerlager wurde im April 1941 von der SS eingerichtet. Die männlichen Häftlinge sollten als Arbeitskräfte für den Ausbau des KZ Ravensbrück genutzt werden, das ständig erweitert wurde. Das Frauen-KZ wurde um mehrere Barackenreihen sowie den Industriehof ausgebaut. Außerdem führten die Häftlinge Rodungs-, Trockenlegungs- und Planierungsarbeiten auf dem Gelände des „Jugendschutzlagers“ Uckermark aus, errichteten die Siemens-Werkhallen, führten Erweiterungsarbeiten im Bereich der SS-Siedlung aus und bauten Straßen. Mehr als die Hälfte der Arbeitskommandos waren Baukolonnen, die zivilen Baufirmen zugeordnet waren.

Die meisten Männer – im Alter zwischen 16 und 45 Jahren – wurden als politische Häftlinge registriert. Bei sowjetischen, polnischen und französischen Häftlingen handelte es sich zu einem großen, wenn auch schwer bestimmbaren Teil um Zwangsarbeiter, die aufgrund unterschiedlicher „Vergehen“ (etwa Flucht oder Sabotage) in ein KZ eingewiesen wurden. In den ersten eineinhalb Jahren starb knapp die Hälfte aller Häftlinge des Männerlagers an den Folgen der schweren körperlichen Arbeit oder wurde ermordet.

Die Fotografie wurde im Januar 2020 von der Gedenkstätte Ravensbrück angekauft. Es handelt sich um die bislang einzig erhaltene Aufnahme der fünf Baracken des Männerlagers.

8,6 x 5,9 cm; MGR/SBG, Foto-Nr. 2020/1

Wandergitarre von Cölestine Hübner

Nach einjähriger Restaurierung ist die Gitarre aus dem Nachlass von Cölestine Hübner wieder in der Dauerausstellung der Gedenkstätte zu sehen.

Die Gitarre stammt aus dem Besitz der Österreicherin Cölestine Hübner. Vor ihrer Verhaftung war sie als "Heurigensängerin" in Wiener Weinschänken bekannt. Ihre Gitarre durfte sie mit in das Lager bringen, musste aber für die SS bei "Wiener Abenden" singen und spielen. Mit der ebenfalls im KZ Ravensbrück inhaftierten Österreicherin Hermine Freiberger trat sie dabei auch als Duo "Tini und Mimi" auf.

Im Laufe der Jahre ist die Gitarre mit einem neuzeitlichen Lack überzogen worden, vermutlich, um die schon damals auftretenden Risse zu stabilisieren bzw. zu verdecken. 2011 wurde die Gitarre der Gedenkstätte gestiftet und war seit 2013 in einer klimatisierten Vitrine ausgestellt.

Mit Unterstützung des Internationalen Freundeskreises des Gedenkstätte (IFK e.V.), der eine Benefizveranstaltung nutzte, um Spenden für die Restaurierung der Gitarre zu sammeln, konnte die Restaurierung 2018 in Angriff genommen werden. Vorher musste noch das Konzept der Restaurierung erarbeitet werden. Die Gedenkstätte entschied sich für eine passive Konservierung.

Der Gitarrenbauer und Restaurator Philipp Neumann, Leipzig/Antwerpen, wurde mit der Restaurierung beauftragt. Er stabilisierte unter anderem die Risse der Decke mit Klötzchen von innen und leimte die ausgebrochenen Zargen im Bereich der Bodenleisten neu.

Die Lackanalyse ergab, dass es sich bei dem neuzeitlichen Lack um Alkydharzlack handelte, der ohne Schaden von der originalen Schellackfläche abgelöst werden konnte. Die gereinigte Oberfläche wurde anschließend mit Bienenwachs überzogen. Die Gitarre, die von Johann Anton Stauffer in Wien zwischen 1843 (?) und 1848 gebaut wurde, ist nun wieder im Themenraum 4, der sich Solidarität und Selbstbehauptung im Lager widmet, zu sehen.

Fichte, Ahorn, Kunststoff, 8,5 x 29,5 x 85 cm, MGR/SBG V3907 B1

Gästebuch der österreichischen Ravensbrück-Überlebenden

Anlässlich des 1. Internationalen Treffens der „Ravensbrückerinnen“ am 10. September 1949 in Fürstenberg/Havel brachten österreichische Zeitzeuginnen ein in braunes Leder gebundenes, mit Ornamenten geschmücktes Gästebuch mit. Frauen aus ganz Europa trugen sich mit Namenszug, zum Teil mit Anschrift und ihrer ehemaligen Lagernummer in dieses Buch ein. Damit bekräftigten sie auf dem Marktplatz von Fürstenberg das auf den ersten zwei Buchseiten formulierte „Manifest der Frauen von Ravensbrück“. Sie gelobten, sich mit all ihren Kräften für eine neue Welt des Friedens und des demokratischen Aufbaus einzusetzen und unermüdlich gegen Krieg zu kämpfen.

Unter den Eintragungen finden sich u.a. die Namenszüge von Erika Buchmann, Astrid Blumensaadt-Pedersen, Martha Desrumaux, Edith Sparmann. Es sind Namen von Zeitzeuginnen, die im Verlauf ihres Lebens bewusst an die Öffentlichkeit getreten sind, berichtet oder publiziert haben.

Leder, Papier, 21 x 30,5 cm; Archiv der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück, Zugangsnr. 274

Miniaturpantoffeln von Erna Lugebiel

Erna Lugebiel wurde als Erna Voley am 24. August 1898 in Berlin geboren. Seit 1920 arbeitete sie als Schneidermeisterin in Berlin. Sie freundete sich mit den Besitzern der Firma, für die sie arbeitete, und weiteren jüdischen Firmenchefs und KollegInnen der Berliner Bekleidungsbranche an. Ab 1933 half Erna Lugebiel ihren jüdischen FreundInnen und anderen Verfolgten, indem sie ihnen Zuflucht in ihrer Wohnung bot und sich um weitere Verstecke, Kleidung und Lebensmittel bemühte.

Nach Kriegsbeginn wurde Lugebiel als Telefonistin der Wehrmacht dienstverpflichtet. Anfang der 1940er Jahre kam sie in Kontakt mit der Widerstandsgruppe „Kampfbund“ und unterstützte Verfolgte mit Geld und Unterkunft. Im Juli 1943 nahm die Gestapo Lugebiel fest. Vor Gericht lautete die Anklage „Vorbereitung zum Hochverrat, Feindesbegünstigung und Wehrkraftzersetzung“. Nach einem Freispruch aus Mangel an Beweisen wurde sie im November 1944 als „Schutzhäftling“ in das Konzentrationslager Ravensbrück überstellt. Dort war Erna Lugebiel Stubenälteste im Block 7 des Krankenreviers. Sie blieb nach der Befreiung bis Ende Mai 1945 in Ravensbrück.

Nach 1945 stand Erna Lugebiel in engem Kontakt mit anderen Überlebenden Ravensbrücks in West-Berlin, der DDR und der BRD. Sie starb am 17. Dezember 1984 in Berlin. Im August 2019 wäre Erna Lugebiel 111 Jahre alt geworden.

Die Miniaturpantoffeln aus dem Besitz Lugebiels wurden der Gedenkstätte Ravensbrück 1994 durch Lugebiels Tochter Ingrid Rabe übergeben. Sie sind in der Dauerausstellung im Obergeschoss, im Themenraum zur Kultur im Lager, ausgestellt.

Baumwolle, Kunstseide, Pappe, Fell, 3,8 cm x 2,0 cm; MGR/SBG V3766 D2

Das Wachbuch für die Arbeitskommandos 1939/40

»Nun musste ich zur Strafe schwerste Außenarbeit machen. Wir schleppten Möbel, schaufelten Sand, entleerten Schiffe, schoben Loren und hatten fast immer Hunger. Nach einigen Wochen kam ich dann zur weiteren Läuterung in die Waschküche. Jetzt musste ich Säcke scheuern, Bettlaken aus dem Männerlager, die voller Blut waren, Häftlingskleider und Anzüge. Monatelang stand ich von morgens bis abends im Wasser.« (Clara Rupp, MGR/SBG SlgBu Bd. 35, Bericht 657, S. 6)

Mit der Eröffnung des Frauenkonzentrationslagers begann auch die Zwangsarbeit der Häftlingsfrauen außerhalb der Lagermauern. Dafür wurden täglich Arbeitskommandos formiert. Ein erhaltenes Wachbuch gibt Auskunft über Art und Umfang der von den Häftlingsfrauen geleisteten Arbeiten: Das Spektrum reicht von leichterer Tätigkeit (Reinigung, Arbeit im Büro), über gärtnerische und landwirtschaftliche (Hühnerfarm, Gutshof) bis zu schwerster Arbeit, die auch zur Bestrafung angeordnet wurde (Straßenbau, Sand schaufeln, Steine ausladen).

In das Wachbuch trug der SS-Wachhabende am Lagertor unter dem Tagesdatum das jeweilige Arbeitskommando, die Anzahl der aus- und einrückenden Häftlingsfrauen, die entsprechenden Zeiten und den Namen einer dazugehörigen Aufseherin ein.

Im Wachbuch sind  für die Zeit 3. Oktober 1939 bis 9. Mai 1940  insgesamt 3605 Arbeitskommandos registriert, von denen sieben gestrichen sind. 40 Einträge bis zum 14. Februar 1940 dokumentieren die regelmäßige Kontrolle durch hochrangige SS-Offiziere der Lagerleitung.

Im Archiv der MGR kann das Wachbuch als PDF-Datei eingesehen werden. Eine Excel-Datei erleichtert den Zugang.

Buch A4, 126 Seiten | MGR/SBG KL 18-16

Kinderrock von Ceija Stojka

Ceija Stojka, geboren 1933 in der österreichischen Steiermark, wurde als Romni mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern 1943 verhaftet und in das KZ Auschwitz-Birkenau deportiert. Das dortige sogenannte „Zigeunerlager“  wurde im August 1944 aufgelöst, „arbeitsfähige“ Männer und Frauen in andere Lager gebracht. Rund 1.000 Frauen und Mädchen kamen so in das KZ Ravensbrück, unter ihnen Ceija Stojka mit ihrer Mutter Sidi. Ceija Stojka, inzwischen elf Jahre alt, war von ihrer Mutter in Auschwitz bei einer Selektion als 16jährig ausgegeben worden, da arbeitsfähige Häftlinge größere Überlebenschancen hatten. Sie musste im KZ Ravensbrück unter anderem in der Nähstube arbeiten.

1945 wurden Ceija und ihre Mutter in das KZ Bergen-Belsen deportiert. Sie gehörten zu den Überlebenden, die im April 1945 von britischen Truppen befreit wurden. Die beiden kehrten nach Österreich zurück. Mit ihrem 1988 erschienen Buch "Wir leben im Verborgenen" trug Ceija Stojka wesentlich dazu bei, das Schicksal der Verfolgung der Roma und Sinti im Nationalsozialismus bekannt zu machen. Außerdem begann sie, ihre Erlebnisse künstlerisch zu thematisieren und brachte in expressiven Bildern mit meist kräftigen Farben Erinnerungen sichtbar aufs Papier.

Den Rock mit aufgenähtem Kreuz hatte Ceija Stojka in Ravensbrück getragen. 1968 übergab sie ihn der Gedenkstätte Ravensbrück, die sie dann in den 1990er Jahren häufig besuchte. Im Januar 2013 ist Ceija Stojka in Wien verstorben.

Wolle und Seide, 60 x 47,5 cm, MGR/SBG V265 B2

Fundstück: Essenkübel

Dieser Kübel diente dazu, Mahlzeiten der Häftlinge von der Häftlingsküche in die jeweiligen Blöcke zu transportieren. Die Kübel beinhalteten häufig Suppe und hatten mit ihrer Füllung ein Gewicht von bis zu 50 kg. Die Kübel wurden an zwei Griffen von je zwei, häufig unterernährten und geschwächten Häftlingen getragen. Else Schöpke schilderte in den 1950er Jahren, wie sie in den ersten Wochen ihrer Inhaftierung als „politischer Häftling“ in Ravensbrück „täglich die schweren Essenkübel für zirka 1.600 Häftlinge von der Küche zum Block schleppen“ musste.

In den ersten beiden Jahren war die Verpflegung im Frauenlager noch erträglich. Ab 1941 verschlechterte sie sich zunehmend. 1944 erhielten die Häftlinge im Frauenlager täglich nur noch etwa 200 Gramm Brot, einen Becher Ersatzkaffee am Morgen sowie mittags und abends einen halben Liter dünne Gemüsesuppe. Im Winter 1944/45 bestand die tägliche Verpflegung häufig nur noch aus 100 Gramm Brot sowie einem Napf Suppe aus Rübenabfällen oder Kartoffelschalen. Im Lager herrschte ein ständiger Kampf um Nahrungsmittel. Die Häftlinge waren unterernährt, viele starben an der katastrophalen Unterversorgung.

Der Hunger, die Mahlzeiten und der Transport der Nahrung in Kübeln sind Thema künstlerischer Darstellungen ehemaliger Häftlinge. In der Hauptausstellung der Gedenkstätte Ravensbrück sind entsprechende Zeichnungen von Nina Jirsiková, Violette Lecoq und Jeanne Letourneau zu sehen.

Der Essenkübel wurde 2018 bei Arbeiten in der Nähe des Wasserwerk-Gebäudes gefunden und ist seit 5. November 2019 in der Vitrine im Besucherzentrum zu sehen.

Zehn Gebote für illegal organisierte Häftlinge von Yvonne Useldinger

Yvonne Useldinger, Mitglied der Kommunistischen Partei Luxemburgs, war im Widerstand gegen die nationalsozialistische Besatzung aktiv. Von der Gestapo verhaftet, wurde sie 1943 nach Ravensbrück deportiert.  Dort war sie als Bürohäftling bei Siemens & Halske eingesetzt. Ihren Arbeitsplatz nutzt Yvonne Useldinger zur Vervielfältigung und Verbreitung illegaler Nachrichten, z.B. über den Kriegsverlauf. Gemeinsam mit ihren Freundinnen Noen Beuzemaker und Rita Sprengel sabotiert sie die Produktion von Siemens.

Useldinger ist Teil einer Widerstandsnetzwerks im Lager. Eine besondere Form der Resistenz bestand im Lernen und Lehren, Kommunistinnen aus verschiedenen Ländern hielten im Lager heimlich Schulungen ab. Gemeinsam mit vier Mithäftlingen verfasste Yvonne Useldinger zehn Gebote zum Thema der Selbstbehauptung im Lager. Sie rufen etwa zur Solidarität zwischen den verschiedenen Nationen auf oder dazu, auch im Sinne der anderen Häftlinge auf die eigene Gesundheit zu achten. In einem anderen Gebot heißt es: „… behalte deine feste Linie […], bleibe ruhig und handle immer mit Überlegung.“ Die Autorinnen gaben diese Verhaltensregeln an vertrauenswürdige Mithäftlinge weiter.

Yvonne Useldinger wurde 1945 durch das schwedische Rote Kreuz evakuiert. Nach 1945 war sie u.a. in der luxemburgischen Frauenbewegung als Generalsekretärin der "Union des Femmes Luxembourgeoises" tätig. Sie starb heute vor zehn Jahren, am 11. Februar 2009, im Alter von 87 Jahren im luxemburgischen Esch-sur-Alzette.

Ein Faksimile der zehn Gebote befindet sich in der Hauptausstellung der Gedenkstätte Ravensbrück, im Raum 4.2 des Kommandanturgebäudes. Ihr Tagebuch wurde unter dem Titel "... als fiele ein Sonnenschein in meine einsame Zelle" 2008 von Kathrin Meß herausgegeben.

Papier, 8,1 x 7,3cm; SBG/MGR KL/33-7.

Kindermütze von Magdalena Herskovitz

Ihre ersten Lebensjahre verbrachte Magdalena Herskovitz in einem Versteck in der Slowakei. In dem Satellitenstaat des Deutschen Reiches wurde die jüdische Bevölkerung ab 1942 systematisch verfolgt. Die Familie von Magdalena Herskovitz wollte der Verfolgung entgehen, wurde aber verraten. Im Dezember 1944 kam die Dreijährige mit ihrer Mutter und ihrer Schwester in das KZ Ravensbrück. Sie starb dort am 8. März 1945. Ihre Schwester Dr. Eva Bäckerová stiftete die Mütze 2007 der Gedenkstätte.

Im KZ Ravensbrück waren mindestens 900 Mädchen und Jungen im Alter von zwei bis 16 Jahren aus 18 Nationen inhaftiert. Sie wurden mit ihren Familien eingewiesen oder ohne Angehörige aus anderen Lagern überstellt. Etwa 560 Kinder kamen zwischen 1943 und 1945 im KZ Ravensbrück zur Welt. Die meisten Neugeborenen starben nach kurzer Zeit.

Jungen wurden meist ab dem zwölften Lebensjahr im Männerlager untergebracht; ab Herbst 1944 lebten sie dort in einem eigenen Block. Im Frauenlager blieben die Kinder mit den Erwachsenen zusammen. Etwa ab dem zwölften Lebensjahr wurden sie zur Arbeit eingesetzt, Jüngere blieben tagsüber in den Baracken. Mithäftlinge organisierten heimlich Spielzeug und Unterricht, „Lagermütter“ wurden zu Bezugspersonen für Kinder ohne Angehörige. Spiele der Kinder wie „Appell“, „Selektion“ und „SS“ waren an der Lagerrealität orientiert.

Die Kindermütze von Magdalena Herskovitz wird in der Hauptausstellung der Gedenkstätte Ravensbrück gezeigt. Es ist eines von zwei Objekten zum Thema der tschechoslowakischen Haftgruppe. (ehemalige Kommandantur, Obergeschoss, Raum 2.2).

Baumwollmischgewebe, 15 x 22 cm

Die Häftlingsnummer von Jewgenia Klemm (geb. Radakovic)

Jewgenia Lasarewna Radakovic wurde am 20. Dezember 1898 in Belgrad geboren. Nach dem Studium unterrichtete sie in Odessa Geschichte an Schulen und am Pädagogischen Institut Methodik des Geschichtsunterrichts. Im Oktober 1941 meldete sie sich als Krankenschwester freiwillig an die Front. 1942 geriet sie in deutsche Kriegsgefangenschaft und wurde letztlich in das Konzentrationslager Ravensbrück überstellt. Im Lager gab Jewgenia Klemm ihren Mitgefangenen heimlich Deutsch- und Geschichtsunterricht.

Im April 1945 wurde sie auf einem der Evakuierungsmärsche von der Roten Armee befreit. Sie kehrte im Herbst desselben Jahres an das Pädagogische Institut in Odessa zurück. Der Verdacht, dass sie während ihrer Gefangenschaft mit den Deutschen kollaboriert hätte, führte zu ihrer Entlassung. Im selben Jahr, am 2. September 1953, nahm sie sich daraufhin das Leben. In ihrem Abschiedsbrief schrieb sie: „Ich war immer der Meinung, dass arbeiten heißt leben und kämpfen. Nicht arbeiten heißt nicht leben.“

Die Häftlingsnummer von Jewgenia Klemm wurde im Frühjahr 1943 vergeben. Damit lässt sich ihre Einlieferung im Konzentrationslager Ravensbrück ungefähr datieren. Das Objekt kam 2011 durch Vermittlung der Journalistin Sarah Helm in die Sammlung und befindet sich zurzeit im Depot der Gedenkstätte Ravensbrück.

Baumwolle, 6,8 x 13,5 cm, MGR/SBG, V3842 B3

Zeichnung von Nina Jirsíková

Die Zeichnung "Nocní setkání" (Nächtliches Treffen; undatiert) gehört zu den wenigen Karikaturen, die die Tschechin Nina Jirsíková (1910-1978) in der Lagerzeit fertigte. Hier ist ein heimliches Treffen in den Waschräumen und Latrinen dargestellt.

Nina Jirsíková war eine Tänzerin, Choreographin und Kostümbildnerin. Seit ihrem 16. Lebensjahr arbeitete sie unter anderem am avantgardistischen Theater D- 41 ("Decko") in Prag. Am 12. März 1941 wurde sie verhaftet. Anlass war die Aufführung des Ballettes "Pohádka o tanci" ("Das Märchen vom Tanz"), das als Parabel auf die nationalsozialistische Besatzung verstanden wurde.
Nina Jirsíková kam in das Prager Gefängnis Pankrac und wurde Ende des Jahres 1941 in das Frauen- KZ Ravensbrück deportiert. Sie erhielt die Haftnummer 8681. Sie musste u.a. in der Kürschnerei und Reißerei der KZ-Lagerbetriebe und dann später in den nahegelegenen Siemenswerkstätten Zwangsarbeit verrichten. In den wenigen Stunden der "Freizeit" im Block tanzte sie, fertigte satirische Zeichnungen an und schrieb ein Lustspiel. Diese Aktivitäten waren laut Lagerordnung verboten und konnten Bunkerhaft oder Prügelstrafe nach sich ziehen.

Nach der Befreiung arbeitete Nina Jirsíková wieder am Theater, konnte aber wegen körperlicher Beschwerden nicht mehr tanzen. 1972 schrieb sie ihren Bericht "Über die künstlerische Arbeit im Konzentrationslager Ravensbrück". Sie starb am 23. November 1978.

Diese und weitere Zeichnungen von ihr sind in der Dauerausstellung "Das Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück - Geschichte und Erinnerung" zu sehen.

Buntstiftzeichnung auf Papier, 14,9 x 10,3 cm, MGR/SBG, V776a E1

Erinnerungen von Isa Vermehren

Zu den frühen publizierten Texten von Zeitzeuginnen gehören die Erinnerungen von Isa Vermehren. Die erste Auflage erschien im Christian Wegner Verlag (Hamburg 1946) unter dem Titel "Reise durch den letzten Akt : Ein Bericht (10.02.44 bis 29.06.45)". Vermehrens Buch ist seither in zahlreichen Auflagen erschienen, zuletzt im Rowohlt-Taschenbuch-Verlag (Reinbek bei Hamburg 2005).

Die Autorin wurde 1918 in Lübeck geboren. Ihre Opposition gegen das NS-Regime war Anlass, die Schule 1933 zu verlassen. Es folgte der Umzug nach Berlin. Von 1933 bis 1935 trat sie im Berliner politischen Kabarett "Katakombe" auf. Nach Schließung des Kabaretts beendete sie die Schule mit dem Abitur. 1938 konvertierte sie zum Katholizismus. 1944 wurde die Familie in so genannte Sippenhaft genommen, nachdem der Bruder von Isa Vermehren im Ausland politisches Asyl erbeten hatte. Isa Vermehren wurde in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück gebracht, weitere Haftstätten folgten.

In "Reise durch den letzten Akt" berichtete sie über ihre Haft im Frauenkonzentrationslager Ravensbrück und weiteren Haftstationen bis zu ihrer Befreiung und Heimkehr nach Hamburg. 1947 war sie unter den Mitwirkenden im Film "In jenen Tagen" von Helmut Käutner zu sehen. Sie spielte die Rolle des Dienstmädchens Erna, das der Mutter eines Attentäters vom 20. Juli 1944, beim "Untertauchen" zu helfen versucht.

Isa Vermehren erwarb das philologische Staatsexamen, wurde 1951 Ordensschwester und war als Schulleiterin in Bonn und Hamburg tätig. Sie starb 2009 im Alter von 91 Jahren.

Nach dem Fall der innerdeutschen Grenze kam Isa Vermehren zu einer Lesung in die Gedenkstätte Ravensbrück. Anlässlich des 50. Jahrestages der Befreiung des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück besuchte sie die Gedenkstätte erneut, um an einem ökumenischen Gottesdienst teilzunehmen. 1994 gestattete sie dem Dresdner Maler Christoph Wetzel sie zu porträtieren.

Öl auf Leinwand, MGR/SBG, V1597 L2

Ein Interview mit Isa Vermehren finden Sie im Videoarchiv "Die Frauen von Ravensbrück" der Filmemacherin Loretta Walz.

 

Fotografie von Stanka Krajnc

In der Fotothek der Mahn- und Gedenkstätte werden 34.800 Fotografien archiviert. Ein Sammelschwerpunkt sind Fotografien ehemaliger Gefangener des KZ Ravensbrück.

Stanka Krajnc wurde in Zagreb geboren und wuchs in Radvanje bei Maribor in der slowenischen Steiermark auf. Mit der deutschen Besatzung 1941 musste ihre slowenische Schule schließen und Stanka an ein deutschsprachiges Gymnasium wechseln. Ein Freund brachte sie 1943 in Kontakt mit einer Gruppe Jugendlicher, die Partisaneneinheiten im Gebirge mit Lebensmitteln unterstützte und Flugschriften verbreitete. Die Gestapo verhaftete Stanka Krajnc im Januar 1944 mit 30 weiteren Jugendlichen. Nach monatelanger Gefängnishaft kam sie über das KZ Ravensbrück im Mai 1944 in das „Jugendschutzlager“ Uckermark. Sie war eine der wenigen Jugendlichen, die dort nach der Räumung des Lagers Anfang 1945 bis April verblieben. Nach Kriegsende beendete Stanka Krajnc ihre Schulausbildung, studierte Medizin und gründete eine Familie. Seit ihrer Pensionierung engagierte sich die Medizinprofessorin für die Erinnerung an das „Jugendschutzlager“ Uckermark.

Stanka Krajnc-Simoneti, 1960er Jahre, MGR/SBG, Foto Nr. 2005/441

Puppe von Zdena Nedvedová-Nejedlá, genannt Zdenka

Zdenka Nejedlá wurde am 20. August 1908 in Prag geboren. Nach der Schule entschied sie sich, Medizin zu studieren und trat 1932 der Kommunistischen Partei bei. 1933 heiratete sie ihren Studienfreund Milos Nedved und ein Jahr später wurde ihre Tochter Hanka geboren. Nach der Promotion eröffnete sie ihre eigene Arztpraxis.

Aufgrund ihrer Kontakte zu kommunistisch und künstlerischen Kreisen wurde sie am 5. Juni 1942 von der Gestapo verhaftet und gemeinsam mit ihrem Mann und ihrer Schwiegermutter nach Theresienstadt deportiert, wo sie als Häftlingsärztin arbeitete. Im August 1943 brachte man Zdenka Nedvedová ins Frauenkonzentrationslager Ravensbrück, ihr Mann und seine Mutter wurden in Auschwitz umgebracht.

In Ravensbrück arbeitete Zdenka Nedvedová erneut als Häftlingsärztin unter SS-Arzt Treite und ab September 1944 als Kinderärztin im Säuglingsblock. Ihr gelangen zahlreiche Fälschungen von Dokumenten die Mithäftlinge vor dem Tod retteten.

Nach der Befreiung verweigerte sie zunächst den Abtransport und blieb im Lager Ravensbrück um sich um circa 2000 zurückgelassenen Häftlinge zu kümmern. Erst Ende Mai begleitete sie einen Krankentransport nach Prag. Bereits einen Monat später nahm sie ihre Arbeit als Kinderärztin in Prag wieder auf. Sie wurde Vorsitzende der tschechoslowakischen Lagergemeinschaft Ravensbrück, Mitglied des Internationalen Ravensbrück-Komitees und trat als Zeugin in den Hamburger Ravensbrück-Prozessen auf.

Die Puppe ist ein Geburtstagsgeschenk von Lis Londonová an Zdenka Nedvedová vom August 1944. Erstmals wurde sie 1959 in der ersten Ausstellung der damaligen Nationalen Mahn- und Gedenkstätte ausgestellt. Heute befindet sich die spanische Puppe mit schwarzem Spitzenkleid wieder in der Hauptausstellung der Gedenkstätte Ravensbrück.

Verschiedene Mischgewebe, Spitze, Draht, Echthaar; MGR/SBG, V606 D3