Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten Mahn‑ und Gedenkstätte Ravensbrück

Presseinformationen

57/2019: „Frauen im Widerstand“ - Sonderausstellung zum 60. Jahrestag der Gründung der Gedenkstätte Ravensbrück würdigt deutsche politische Häftlinge im KZ Ravensbrück

13. September 2019

no.: 57/2019

Erika Buchmann war 1946 für die KPD Mitglied der Verfassunggebenden Landesversammlung in Württemberg-Baden. Für die Juristin und Ökonomin Rita Sprengel, KPD-Mitglied seit 1928, war es ein Schock, als sie 1951 wegen Illoyalität aus der SED ausgeschlossen wurde. Die Sozialdemokratin Martha Fuchs wurde 1946 erste Landesministerin im westlichen Nachkriegsdeutschland und war von 1959 bis 1964 Oberbürgermeisterin von Braunschweig. Als Anna Götze im Dezember 1945 in Leipzig einen Antrag auf Anerkennung als „Opfer des Faschismus“ stellte, verschwieg sie, dass sie vor 1933 Mitglied einer anarchistischen Organisation gewesen war.

Diese unterschiedlichen Frauen verbindet ihr aktiver Widerstand gegen den Nationalsozialismus und ihre Haft im KZ Ravensbrück. Ihre Lebensgeschichten und die weiterer Frauen stehen im Mittelpunkt der Sonderausstellung „Frauen im Widerstand. Deutsche politische Häftlinge im Frauen-KZ Ravensbrück: Geschichte und Nachgeschichte“, die am Samstag, 14. September 2019, um 11.00 Uhr in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück eröffnet wird. Mit der Ausstellung und einem ganztägigen Veranstaltungsprogramm erinnert die Gedenkstätte an den 60. Jahrestag ihrer Gründung am 12. September 1959.

Gedenkstättenleiterin Insa Eschebach sagte heute in Ravensbrück: „Viele der ehemaligen politischen Häftlinge haben sich am Aufbau der Gedenkstätte Ravensbrück beteiligt, zum Beispiel indem sie ihre Erinnerungsstücke der Gedenkstätte zur Verfügung zu stellten. Viele der damals gestifteten Objekte befinden sich bis heute in unseren Sammlungen, einige werden in der Ausstellung als Projektion zu sehen sein. In dem soeben erschienenen Buch ‚Erinnerungsstücke aus Ravensbrück‘ werden zehn von ihnen ausführlich vorgestellt. Wir nehmen aber dieses Jubiläum nicht nur zum Anlass, zurückzublicken, sondern wollen auch in einem Diskussionsforum über Perspektiven der künftigen Gedenkstättenarbeit sprechen“, sagte Eschebach.

Bärbel Schindler Saefkow, Tochter der Ravensbrück-Überlebenden Aenne Saefkow, wird bei einem Podiumsgespräch zusammen mit weiteren Teilnehmern über ihre Erinnerungen an die Eröffnung der Gedenkstätte vor 60 Jahren sprechen. Sie sagte heute: „Die Vorbereitungen für die Eröffnung der Gedenkstätte Ravensbrück hatte ich einige Jahre an der Seite meiner Mutter und ihrer Kameradinnen miterlebt. Ich war damals 16 Jahre alt und sollte die Eröffnungsrede halten. Gemeinsam mit meiner Mutter und Erika Buchmann haben wir den Text erarbeitet, der am Ende mein Text sein sollte. Ich habe ihn auswendig gelernt und bei der Eröffnungsveranstaltung vor tausenden von Menschen vorgetragen. Ein wertvolles Erinnerungsstück daran ist für mich ein Exemplar des Buchs ‚Frauen von Ravensbrück‘, in dem ich Widmungen von anwesenden Überlebenden sammelte. Besonders wichtig ist mir der Eintrag von Marie-Claude Vaillant-Couturier: ‚Damit nie wieder Ravensbrück möglich ist und Frieden gesichert ist. Kämpfen wir zusammen‘. Eine wunderbare Einladung, die für mich bis heute gilt“, sagte Schindler-Saefkow.

Mit Texten, Fotos, Dokumenten und vier Medienstationen erzählt die Sonderausstellung „Frauen im Widerstand“ die Lebensgeschichten von weiblichen Häftlingen des KZ Ravensbrück aus West- und Ostdeutschland, die das linke Spektrum des politischen Widerstandes gegen den Nationalsozialismus repräsentieren. Thematisiert werden auch die Konflikte beim Aufbau der Gedenkstätte Ravensbrück, der im Kontext des Kalten Krieges von Auseinandersetzungen zwischen den politischen Lagern in der DDR und der Bundesrepublik um die Deutung der nationalsozialistischen Vergangenheit begleitet war. In der DDR unterstützte die Organisation der Überlebenden die Entstehung der Gedenkstätte, stritt aber mit der SED um den angemessenen Platz der Frauen in der Widerstandsgeschichte.

Ausstellungskurator Henning Fischer: „Die Geschichten vieler dieser Frauen wurden in der DDR meist einseitig erzählt, in der Bundesrepublik marginalisiert und nach dem Umbruch von 1989 in den Hintergrund gerückt oder sogar politisch delegitimiert. Die Ausstellung will diesen Frauen und der Vielfalt ihres Widerstandes gegen den Nationalsozialismus neue Aufmerksamkeit schenken. Sie zeichnet ein differenziertes Bild ihrer Lebenswege – sowohl gegen das Vergessen als auch gegen eine verzerrende Heroisierung“, so Fischer.

Mit der Ausstellung wird zugleich ein neuer, etwa 200 qm großer Raum für Sonderausstellungen im ehemaligen Wasserwerk des KZ Ravensbrück eröffnet. Das 1939 errichtete Gebäude, das außerdem als Garage und Funkstation genutzt wurde, konnte in den vergangenen Jahren für 1.276.500 Euro saniert werden.

 

Samstag, 14. September 2019, 11.00 bis 16.30 Uhr
60. Jahrestag der Gründung der Nationalen Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück

Eröffnung der Sonderausstellung „Frauen im Widerstand. Deutsche politische Häftlinge im Frauen-KZ Ravensbrück: Geschichte und Nachgeschichte“ (bis 30. September 2020)
Buchvorstellung, Lesung und Diskussionen

Das vollständige Programm finden Sie hier: https://www.ravensbrueck-sbg.de/veranstaltungen/

 

Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück
Straße der Nationen, 16798 Fürstenberg an der Havel

Information: www.ravensbrueck-sbg.de

 

Verantwortlich:
Dr. Horst Seferens | Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit | Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten
16515 Oranienburg | Heinrich-Grüber-Platz | T +49 3301 810920 | F +49 3301 810926
seferens@stiftung-bg.de | www.stiftung-sbg.de


Die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten wird vom Ministerium des Landes Brandenburg und von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert.

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